Konzertkritik: Das Ensemble Capella de la Torre versetzt das Publikum mit seinem frühen neuzeitlichen Klang zurück ins 16. Jahrhundert


von Tilda Hoops, Schülerin S1 Musikprofil, Friedrich-Ebert-Gymnasium

In Zusammenarbeit mit dem Musikprofil des Friedrich-Ebert-Gymnasiums erstellen Schüler der S1 (11. Klasse, Lehrer Christoph Posselt) eine Konzertkritik. Am Ende der Konzertsaison wird die Musikgemeinde eine Auszeichnung für die beste Kritik vergeben.

Hamburg, 7.11.2020

Am 25. Oktober haben sich viele Mitglieder der Musikgemeinde
während der 19.00 Uhr Vorstellung in der Eberthalle versammelt, um dem
Bläserensemble Capella de la Torre zu lauschen. Nicht nur die Musik, auch die Instrumente stammten aus der frühen Neuzeit.
Das Ensemble besteht aus acht Musikern: einem Sopran, Altpommer/Flöte,
Posaune, Dulzian, Orgel, Theorbe, Percussion und Schalmei. Die Schalmei
stammt aus dem Mittelalter und hat einen dudelsackähnlichen Klang, obwohl sie ein Holzblasinstrument ist. Der Altpommer stammt ebenfalls aus dem Mittelalter und ist mit der Schalmei verwandt. Er ist etwas größer und sein Klang ist tiefer als der der Schalmei. Das Dulzian wurde im 16. und 17. Jahrhundert verwendet und gilt als Frühform des Fagotts. Die Theorbe ist einer Gitarre ähnlich, nur mit einem längeren Hals und gehört zur Familie der Lauteninstrumente. Percussion ist ein Sammelbegriff für Schlag- und Effektinstrumente. Bei der Aufführung hat der Musiker vor allem auf Rasseln und eine tiefe Basstrommel zurückgegriffen, die zumeist rhythmusgebend war.
14 kleine Tanzstücke hatten sie als Programm festgelegt, von denen sie, aus
zeitlichen Gründen, aber nur 12 schafften. Die meisten dieser kleinen schönen Kompositionen waren dem Sammelband von Tänzen „Terpsichore“ entnommen, der während der Renaissancezeit verfasst wurde. Michael Praetorius, Verfasser des Sammelbandes, wählte den Namen aus der griechischen Mythologie heraus, denn Terpsichore heißt: die Muse des Tanzes.
Neben Praetorius tauchen im Program auch andere Komponisten auf, wie zum Beispiel Orlando di Lasso, der Komponist des berühmten Stücks: Bonjour mon coeur. Obwohl man meinen sollte, frühneuzeitliche Tanzmusik sei ohne Gesang gewesen, beweist das Ensemble das Gegenteil. Der französische Text der Lieder wird von der Sopranistin mit heller, klarer Stimme interpretiert. Obgleich sie sich dabei im Notentext zu verlieren scheint, tut dies dem Klang nichts ab. Zwischendurch hält die Leiterin des Ensembles kurze Ansprachen, in denen sie mehrfach erwähnt, dass es ihnen wichtig sei „Brücken“ in die Moderne zu bauen. Dies lässt sich auch an zwischendurch kleinen, improvisierten Soli von Percussion und Theorbe erkennen, die mehr nach Pop als Tanzmusik aus der Renaissance klingen. Des weiteren erklärt sie auch die zur heutigen Zeit eher unbekannten Instrumente und erinnert an das 400. Jubiläum von Praetorius.
In vielen Stücken gibt die Trommel den Rhythmus an und verleiht ihnen einen fröhlichen, tänzerischen Charakter. Die Zugabe des Programms ist allerdings nicht von französischem sondern italienischem Text begleitet.
Nach einem Gespräch mit dem Ensemble stellt sich heraus, dass die
Kompositionen von dem Ensemble selbst arrangiert wurde und sie ebenfalls die Besetzung frei gewählt haben, was kaum verwunderlich ist, da die Notierung zur Renaissancezeit noch lange nicht so vielschichtig war, wie es heutzutage der Fall ist. Vor allem auf den Klang sei es ihnen dabei angekommen. Auch die Texte zu den Kompositionen haben sie in verschiedenen Sprachen vorgefunden und den italienischen Text als Zugabe gewählt um sich, von den davor ausschließlich französischen Texten abzugrenzen und „Brücken“ in dieses Jahrhundert, mit dem Blick auf das Jubiläum Praetorius´, zu bauen.
Überraschend, aber dennoch beeindruckend war die Erkenntnis, dass sie die Tanzstücke tatsächlich mit Tänzern eingeübt haben um ein Gefühl für
Rhythmus und Bewegung des Tanzes in der Renaissance zu bekommen.
Trotz der Coronamaßnahmen und dem nicht einmal zur Hälfte gefüllten
Konzertsaal, spiegelte der Applaus die Begeisterung des Publikums wieder.

Foto: Karola Parry